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Die Umsetzung von Tempo 30, Radwegen und Busspuren in den Kommunen vorbereiten

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Swantje Michaelsen

5 min Lesezeit

19. Januar 2025

Die Umsetzung von Tempo 30, Radwegen und Busspuren in den Kommunen vorbereiten

Der Entwurf der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) liegt nun vor. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) ist bereits seit Oktober 2024 in Kraft und kann seitdem angewendet werden. Viele Kommunen warten jedoch auf die Hinweise der VwV-StVO zur Umsetzung der Regelungen vor Ort. In den nächsten Wochen wird der Entwurf im Kabinett beschlossen und anschließend dem Bundesrat zugeleitet. Wenn der Zeitplan eingehalten wird, könnte die VwV-StVO im April/Mai in Kraft sein. Das bedeutet, dass die Anwendung der neuen Möglichkeiten in den Kommunen bereits jetzt vorbereitet werden kann. Im Folgenden haben wir einige Punkte aus dem Entwurf der VwV-StVO zusammengetragen, die Kommunen und Aktive besonders interessieren dürften:

Entwurf der VwV-StVO

Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen innerorts

  • Spielplätze und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen: Zu den bisher genannten sensiblen Einrichtungen, an denen Tempo 30 auf einer Länge von bis zu 300 Metern anzuordnen ist, kommen Spielplätze und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen (z.B. Wohnheime, Tageseinrichtungen oder Werkstätten) hinzu. Neu ist, dass für alle sensiblen Einrichtungen unter „Zu Zeichen 274 Zulässige Höchstgeschwindigkeit“ Nummer XI gilt, dass Anordnungen auf Öffnungszeiten (einschließlich Nach- und Nebennutzungen) beschränkt werden können, aber nicht mehr müssen. Spielplätze werden als „öffentlich zugängliche Flächen nach den Vorgaben der Bauordnungen der Länder“ definiert.
  • Hochfrequentierte Schulwege: Auch entlang hochfrequentierter Schulwege ist die Geschwindigkeit in der Regel auf Tempo 30 km/h zu beschränken. Auch diese Anordnung kann (aber muss nicht) zeitlich beschränkt werden. Als hochfrequentiert wird ein Schulweg definiert, „der im Rahmen einer Schulwegplanung oder im Rahmen einer modellhaften Betrachtung durch die zuständige Schule, Straßenverkehrsbehörde und ggf. Polizei und Straßenbaubehörde als Hauptschulweg eingestuft wurde. Es sind keine Zählungen für die Einrichtung von Tempo 30 an einem Schulweg nötig.
  • Fußgängerüberwege („Zebrastreifen“): Auch im unmittelbaren Bereich von Fußgängerüberwegen kann die Geschwindigkeit auf Tempo 30 km/h beschränkt werden. Das kommt insbesondere dann in Betracht, „wenn Sichtweiten eine gute Sichtbarkeit von Fußgänger*innen nicht sicherstellen oder Fahrzeugführende ihre Fahrtgeschwindigkeit bei Annährung an den Fußgängerüberweg regelmäßig nicht derart verringern, dass den querungswilligen Fußgänger*innen ihr Vorrang erkennbar eingeräumt wird“. Diese Anordnung kann höchstens auf 300 m Länge vorgenommen werden.
  • Verbindung von Tempo-30-Abschnitten: Die Verbindung von zwei Geschwindigkeitsbeschränkungen ist nun bis auf 500 m Länge möglich. Dies wurde bereits in der StVO ausdrücklich geregelt.

Förderung von Rad-, Bus- und Fußverkehr

Anordnungen zur Förderung des Rad-, Bus- und Fußverkehr können nach der neuen StVO auch auf Basis der neuen Ziele Klima- und Umweltschutz, städtebauliche Entwicklung und Gesundheit vorgenommen werden. Wenn die Anordnung über diesen Weg erfolgt, gelten die strengen Vorgaben von §45 Absatz 9 nicht, d.h. es muss nicht nachgewiesen werden, dass die Anordnung „zwingend erforderlich“ ist (sogenannte einfache Gefahrenlage) bzw. dass eine weit überdurchschnittliche Gefahr an dieser Stelle besteht (sogenannte qualifizierte Gefahrenlage). Bisher offen war, wie die Kommunen die Anordnung auf Basis der neuen Ziele begründen können. Der Entwurf zur VwV liefert nun Hinweise:

  1. Anordnungen zur Förderung des Umweltverbundes auf Basis der neuen Ziele sollten auf einem verkehrsplanerischen Gesamtkonzept beruhen. Dieses Gesamtkonzept kann auch für eine Verkehrsart (z.B. Radverkehrsplan, Fußverkehrsplan, Nahverkehrsplan) oder ein räumliches Teilgebiet aufgestellt werden.
  2. Anforderungen an das Gesamtkonzept: Es muss sich ableiten lassen, dass die Maßnahme zum Umwelt- und Klimaschutz, zur Unterstützung der geordneten städtebaulichen Entwicklung oder zum Gesundheitsschutz beiträgt. Dabei genügt es, wenn sich der Beitrag aus der perspektivischen Umsetzung des Gesamtkonzepts ergibt.
    1. Umwelt und Klimaschutz: Dazu tragen laut VwV insbesondere Maßnahmen bei, deren Umsetzung eine Verkehrsverlagerung zugunsten des öffentlichen Personenverkehrs, des Radverkehrs oder des Fußverkehrs erwarten lässt.
    2. Städtebauliche Entwicklung: Dazu tragen laut VwV Maßnahmen bei, wenn sie zu einer besseren Verträglichkeit des Straßenverkehrs mit den Nutzungsansprüchen des städtebaulichen Bestands oder der Verwirklichung städtebaulicher Ziele mit bewirken. Die städtebaulichen Ziele können sich aus der Bauleitplanung oder aus informellen Planungen ergeben (z.B. städtebauliche Entwicklungskonzepte, integrierte Stadtentwicklungskonzepte, Quartiersplanungen).
    3. Gesundheitsschutz: Dazu zählt auch die Förderung des Zufußgehens und des Radfahrens als Formen der aktiven Mobilität.
  3. Die Straßenverkehrsbehörden können im Einzelfall aber auch ohne ein solches Konzept, abweichend davon oder ergänzend dazu Anordnungen zur Förderung des Umweltverbunds treffen. Die prognostizierten Effekte für die Ziele und die Auswirkungen auf die Leichtigkeit des Verkehrs sind dann mit vertretbarem Aufwand im Einzelfall darzulegen und abzuwägen. Dafür ist kein gutachterlicher Nachweis erforderlich.
  4. Bereitstellung von Flächen für den Fuß und Radverkehr: Flächen sind grundsätzlich angemessen, wenn sie den einschlägigen technischen Regelwerken entsprechen. Die Bereitstellung angemessener Flächen kann auch Anordnungen zur Sicherstellung der Funktion der Verkehrsfläche umfassen (z.B. zum Vorrang an Knotenpunkten, beim Queren oder zum Schutz vor dem Befahren oder Beparken durch Kraftfahrzeuge)

Aber auch über den bisherigen Weg, über § 45 Abs. 9 StVO sind einige Anordnungen dahingehend erleichtert worden, dass der bisher notwendige Nachweis einer „qualifizierten Gefahrenlage“ wegfällt. Das gilt insbesondere für Fußgängerüberwege und Bussonderstreifen. Der Entwurf der VwV setzt diese neuen Spielräume ebenfalls um und konkretisiert die Vereinfachungen.

  1. Bussonderfahrstreifen: Besonders wichtig für die Bussonderstreifen: die verkehrlichen Voraussetzungen entfallen und es muss keine Mindestanzahl an Bussen mehr nachgewiesen werden
  2. Fußgängerüberwege: Auch hier entfallen die verkehrlichen Voraussetzungen (min. und max. Fußverkehrs- und Kfz-Aufkommen) und die Anwendung der Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ) wird, abgesehen von den Vorgaben zur Beleuchtung, abgeschwächt. Wichtig wird hier noch die Überarbeitung der Richtlinie, die in der alten Form mit den neuen Formulierungen im Entwurf zur VwV im Widerspruch steht. Zu begrüßen ist die neue Formulierung, dass „Fußgängerüberwege […] dort liegen [sollten], wo der Querungsbedarf des Fußverkehrs besteht.

Wie kann die Umsetzung der neuen Möglichkeiten bereits jetzt vorbereitet werden?

Zum Beispiel bei Tempo 30: Kommunen können prüfen, wo an ihren Hauptverkehrsstraßen überall sensible Einrichtungen (Kitas, Kindergärten, Schulen, Spielplätze Pflegeheime, Altenheime, Krankenhäuser, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, Zebrastreifen, hochfrequentierte Schulwege) liegen. Sie können auch prüfen, ob es möglich ist, Tempo 30-Abschnitte miteinander zu verbinden, weil diese 500 Meter oder weniger auseinander liegen.

Kommunen können sich auch überlegen, wie sie den Umweltverbund fördern möchten und ob sie ggf. bestehende Konzepte, wie z.B. ihren Radverkehrsplan oder ein Quartierskonzepte entsprechend den Vorgaben der VwV-StVO nutzen oder anpassen können.