Die Koalition aus CDU/SPD/FDP gefährdet die kritische Zivilgesellschaft
Anfang November haben die Ratsfraktionen von SPD, FDP und CDU gemeinsame Anträge zum Doppelhaushalt 2025/26 vorgelegt, mit denen zahlreichen Vereinen in Hannover die institutionellen Beihilfen deutlich gekürzt oder gestrichen werden: Kargah, Miso, BUND, ADFC oder Faust müssen künftig mit deutlich weniger oder ganz ohne städtische Mittel auskommen.
Für die betroffenen Verbände ist das katastrophal. Es bedeutet massive Einschnitte in die Arbeit. Mit diesen institutionellen Beihilfen werden in der Regel hauptamtliche Kräfte und Geschäftsstellen finanziert, die die Arbeit der Ehrenamtlichen strukturieren und unterstützen und für Kontinuität sorgen. Die Streichung der Mittel führt nicht nur dazu, dass diese Arbeit in den nächsten beiden Jahren nicht mehr geleistet werden kann, sondern die Trägerstrukturen werden zerstört, Mitarbeiter*innen werden gekündigt, Geschäftsstellen geschlossen, die Verbände in ihrer Arbeit um Jahre zurückgeworfen.
Über die letzten Jahrzehnte hat die Stadt Hannover unter rot-grüner und zuletzt grün-roter Führung eine engagierte Zivilgesellschaft in Hannover aktiv gefördert. Durch „institutionelle Beihilfen“ wurden viele Vereine zuverlässig finanziell unterstützt. So ist eine vielfältige, kritische und solidarische Stadtgemeinschaft entstanden, in der sich unzählige Menschen für ein besseres Hannover einsetzen. Ganz konkret, durch Hilfe für Menschen in Not, durch Unterstützung für Geflüchtete, durch Kunst- und Kulturangebote, durch fachliche Arbeit für Klimaschutz oder die Verkehrswende.
Mit den institutionellen Beihilfen hat Hannover ein vielleicht einzigartiges System einer staken Zivilgesellschaft, das über Jahre gewachsen und Hannover stark und solidarisch gemacht hat. Jetzt ist dieses solidarische Hannover in Gefahr. Einerseits weil die Arbeit der Vereine weniger wird, teils zum Erliegen kommt, wenn die Streichungen wirklich beschlossen werden. Andererseits weil hier sichtbar wird, dass es vor allem Vereine trifft, die sich immer wieder mit kritischem Blick in die Kommunalpolitik eingemischt haben. Gezielt werden hier unliebsame Stimmen mundtot gemacht. Das ist nicht nur dumm, das ist in der aktuellen Lage immens gefährlich.
Persönlich treffen mich die Kürzungen für den ADFC besonders. Auch durch die Arbeit des ADFCs, die eine Hauptamtlich und zig Ehrenamtliche leisten, hat der Radverkehr in Hannover eine neue Bedeutung bekommen. Zahlreiche Projekte wie die Velorouten, der Lastenradverleih Hannah oder die Bezirksaktionspläne hätte es ohne den ADFC nicht gegeben. Der ADFC hat Impulse gegeben, Projekte stark gemacht, fachlich unterstützt und ja: sich auch immer wieder kritisch zur aktuellen Verkehrspolitik geäußert. Mit der Kürzung der Mittel ihn Höhe von 40.000€ ohne vorherige Ankündigung oder Kontatkaufnahme durch CDU/SPD/FDP zum 1.1.2025 ist diese Arbeit in Gefahr.
Noch dramatischer sind aber die Kürzungen, bei denen Menschen ganz unmittelbar betroffen sind. Ob bei Kargah oder der Suchthilfe, bei Miso, Faust oder der Korn: hier werden Unterstützungsangebote wegfallen und Teilhabemöglichkeiten für diejenigen gestrichen, die am wenigsten eigene Ressourcen haben. Das gefährdet im Kern die solidarische Stadtgemeinschaft.
Wenn wir die Demokratie verteidigen wollen, braucht es gerade jetzt eine starke Zivilgesellschaft, braucht es gerade jetzt engagierte Demokrat*innen, die sich ganz unmittelbar für das Zusammenleben vor Ort einsetzen, die sich kritisch einmischen und – selbstverständlich im demokratischen Rahmen – ihre Meinung sagen können, ohne negative Folgen für sich oder ihre Vereine fürchten zu müssen. Statt Initiativen auszubremsen und ehrenamtliches Engagement an der kurzen Leine zu halten, brauchen wir vollen Support für eben dieses Engagement, denn es macht unsere Stadtgesellschaft stark und resilient. Die Grüne Ratsfraktion hat deshalb einen Antrag (LINK) eingereicht, mit dem die Rücknahme der Kürzungen gefordert wird. Denn als Grüne werden wir weiter für eine vielfältige, kritische und solidarische Stadtgemeinschaft eintreten.