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Rede

Arbeitsbedingungen von Berufskraftfahrer*innen

Portrait of Swantje

Swantje Michaelsen

3 min Lesezeit

16. Juni 2023

Rede von Swantje Michaelsen zu den Arbeitsbedingungen von Berufskraftfahrer*innen:

"Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Kolleg*innen,

Jetzt haben wir in dieser Debatte schon viel über Arbeitsbedingungen gesprochen und damit fast ausschließlich Bezahlung und Arbeitszeiten gemeint. Und ja, das sind natürlich sehr entscheidende Punkte, wenn es darum geht, was gute Arbeit ausmacht."

Gute Arbeitsbedingungen sollten sowieso für jede Arbeit gelten. Gute Arbeitsbedingungen sind aber umso wichtiger, wenn es darum geht, dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen.

Wir sehen immer häufiger, dass Menschen sich auch gerade nach den Arbeitsbedingungen für oder gegen einen Job entscheiden.

Und zu den Arbeitsbedingungen gehört auch bei den Berufskraftfahrer*innen mehr als Bezahlung und Arbeitszeiten.

Schon im letzten Jahr war ich mit den Kolleg*innen Beate Müller-Gemmeke und Matthias Gastel auf einem Rastplatz in Brandenburg. Wir haben dort mit mehreren osteuropäischen Berufskraftfahrern über ihre Arbeit gesprochen.

Was mir in diesen Gesprächen nochmal sehr deutlich wurde: Berufskraftfahren ist ein sehr harter Job: Schlechte Bezahlung, krasse Arbeitszeiten und lange Abwesenheiten von zu Hause.

Aber auch die Rastplätze an deutschen Autobahnen tragen dazu bei, dass die Arbeitsbedingungen teils unmenschlich sind.

Auf diesen Rastplätzen halten die Fahrer (und selten Fahrerinnen) für ihre Pausen und längeren Ruhezeiten. Aufenthaltsräume oder gar Angebote zur Freizeitgestaltung gibt es meistens nicht, zudem haben viele Fahrer*innen Angst um ihre Ladung, für die sie verantwortlich sind.

Also verbringen sie die Zeit im Wesentlichen in der Kabine ihres LKW.

Da schlafen sie auch - direkt neben der Fahrbahn, wo es laut ist.

Denn der hintere und viel leisere Bereich der Rastplätze ist in der Regel den PKW-Nutzer*innen vorbehalten, die dort bei Pausen ihre Butterbrote verzehren.

An vielen deutschen Raststätten gibt es weder kostenfrei nutzbare Toiletten noch Duschen oder Waschräume.

Oft können die Fahrerinnen und Fahrer sich nicht mal Trinkwasser zapfen.

Viele bringen ihr Wasch- und Trinkwasser in Kanistern und Flaschen von zu Hause mit.

Dabei ist der Zugang zu sauberem Wasser ein Menschenrecht!

Und in jedem anderen Arbeitsverhältnis ist es eine Selbstverständlichkeit, dass bei Bedarf kostenfrei Toiletten aufgesucht werden können.

Und dann gibt es noch die spezifischen Sorgen und Nöte der Fahrerinnen.

Nicht nur, dass sie häufiger eine Toilette brauchen. Sie fühlen sich auf Rastplätzen oft noch unsicherer als ihre männlichen Kollegen.

Sie müssen die Waren schützen und allzu oft, sich selbst. Schon der Gang zur Toilette kann eine Herausforderung sein. Weil er sich nicht sicher anfühlt. Weil die Ladung oder die eigene Integrität infrage stehen.

Und so bleiben gerade Frauen lieber in ihren Kabinen als sich einer unangenehmen oder gefährlichen Situation unmittelbar auszusetzen.

Was für ein prekärer Arbeitsplatz!

Seit Jahrzehnten sehen wir in Raststätten vor allem Orte für Touristen, die auf dem Weg in den Sommerurlaub eine Pause mit Picknickplatz brauchen.

Wir müssen Raststätten aber viel mehr als Arbeitsplatz für diejenigen verstehen, die unsere Versorgung sicherstellen - unter schwierigen Voraussetzungen.

Zu besseren Arbeitsbedingungen müssen wir auch beitragen, indem wir bei der Planung und Bau oder Sanierung von Raststätten die Belange von Berufskraftfahrer*innen mitdenken.

Die Rede zum Nachhören gibt es auf meinem Profil über die Homepage des Deutschen Bundestages.